Die Evolution der Honigbiene

Bienen gehören zu den höchstentwickelten Insekten: einzelne Wildbienenarten und die Honigbiene bilden bestens organisierte Staaten mit Arbeitsteilung, sie kommunizieren über eine eigene Tanzsprache, erzeugen Honig oder können effizient durch jedes Wetter navigieren.

Doch diese erstaunlichen Fähigkeiten haben sie erst über Millionen von Jahren entwickelt. Forscher gehen davon aus, dass die Vorläufer der Bienen den heutigen Grabwespen sehr ähnlich waren. Die lähmten kleine Beutetiere mit einem Stich und warfen sie dann ihrer Brut zum Fressen vor.

Das älteste gefundene Fossil dieser Vorfahren wurde im heutigen Myanmar gefunden: es war in Bernstein eingeschlossen und soll über 100 Millionen Jahre alt sein.

Ab der Kreidezeit, also irgendwann in der Zeit vor etwa 66 bis 145 Millionen Jahren, nahm die Evolution der Bienen so richtig Fahrt auf. Damit du das chronologisch besser einschätzen kannst: um diese Zeit war die Erde noch von Dinosauriern bevölkert.

Warum gerade in der Kreidezeit? In dieser Zeit begannen Blütenpflanzen, sich auf der Erde so richtig rasant zu verbreiten.

Wie du weißt, brauchen heutige Bienen für ihr Überleben Nektar und Pollen, die sie sich von Blütenpflanzen holen. Blütenpflanzen werden auch als "Bedecktsamer" bezeichnet, also Pflanzen, deren Samen von einem Fruchtblatt bzw. einem Fruchtknoten bedeckt liegen.

Und für die Verbreitung der Blütenpflanzen übernahmen Bienen eine enorm wichtige Rolle. Denn Bienen und Blütenpflanzen haben sich parallel in einer sogenannten Ko-Evolution entwickelt, sich in ihrer Evolution also gegenseitig gefördert: Bienen trugen die Pollen der Pflanzen weiter, damit war ihre Fortpflanzung gesichert. Das machten sich die Pflanzen in ihrer Weiterentwicklung zunutze, sie entwickelten in weiterer Folge süße Nektarsäfte, um Bienen anzulocken und damit ihre Fortpflanzung noch wahrscheinlicher zu machen.

Doch als attraktives Ziel für zahlreiche Tiere ging auch viel Pollen verloren. Daher entwickelten sich die Blütenpflanzen weiter: sie begannen, Nektar und Pollen allmählich hinter vielfältigen Blütenformen zu verstecken. Die damaligen Bienen hatten dann jedoch ein Problem: sie kamen nicht mehr an den Nektar und Pollen heran.

Die Bienen mussten sich also weiter anpassen: sie entwickelten einen Rüssel, um durch die Blüten hinweg an den Nektar gelangen zu können. Zusätzlich ein spezielles Haarkleid, an dem der Pollen haften bleibt, und das Pollenhöschen für den Transport.

Nektar und Blüten sollten also weiterhin die Bestäuber anlocken, ohne die sie ihre Fortpflanzung nicht sicherstellen konnten. Der Pollen jedoch sollte aber nur den hochentwickeltesten und effizientesten Bestäubern zugänglich sein – und das waren die Bienen. Einfach gesagt: dass es so vielfältige Blütenpflanzen gibt, haben wir den Bienen zu verdanken.

Über die Jahrmillionen begannen manche Bienenarten dann, sich in Staaten zu organisieren. Dafür mussten sie aber den eingesammelten Nektar und Pollen für ihre Kolleginnen haltbar machen, um Vorräte anlegen zu können. Propolis und andere mikrobielle Abwehrstoffe wurde dabei enorm wichtig: Bienen schützen damit ihre Brut und die Nahrungsvorräte vor Bakterien und Pilzen.

Forscher glauben daher, dass diese Abwehrstoffe eine kritische Rolle bei der Evolution übernahmen: Egal wie sich die Wetter- und Klimaverhältnisse veränderten, durch den Einsatz dieser Abwehrstoffe konnten die Bienen ihren Nachwuchs vor den verschiedensten widrigen Gegebenheiten schützen und deshalb bis in die Gegenwart behaupten.

Die westliche Honigbiene (Apis mellifera) ist die Honigbienenart, die bei uns in Europa, in Afrika und in Vorderasien dominiert. Sie ist schließlich vor rund 8 Millionen Jahren in Asien entstanden. Sie hat sich an die unterschiedlichsten Lebensräume angepasst und damit das Fortleben ihrer Spezies gesichert.

Damit die Honigbiene aber heute weiter überleben kann, ist sie auf die Unterstützung von Imkern angewiesen. Denn ohne deren Hilfe könnte sie sich gegen invasive Feinde wie die Varroamilbe nicht mehr langfristig behaupten.