Wie Profisportler mentale Höchstleistungen erbringen

Für Profisportler reicht es nicht aus, bei Wettkämpfen nur körperlich in Topverfassung anzutreten.

Gerade in Sportarten mit hoher Leistungsdichte gibt es oft zahlreiche Anwärter, die am Tag X den Sieg in einem Bewerb holen können. Von den körperlichen Fähigkeiten unterscheiden sie sich jedoch kaum voneinander. Wer schließlich als Gewinner mit dem Pokal nach Hause geht, hängt genauso stark von der mentalen Verfassung ab.

Die Sportpsychologin Jeannine Ohlert schätzt, dass nur rund ein Drittel aller Sportler auch in einem Wettkampf ihre Leistungen aus dem Training abrufen können.

Doch welche Methoden verwenden Profisportler für ihre mentale Top-Performance in einem Wettbewerb?

1) Das richtige Mindset: Gerade bei langen Bewerben müssen Leistungssportler extreme Belastungen verarbeiten. Der Schmerz und den Körper bis zur Belastungsgrenze zu pushen gehört für sie dazu. Doch an diesen Strapazen dürfen sie auf keinen Fall verzweifeln und womöglich kurz vor dem Ziel aufgeben.

Manche Athleten erinnern sie in solchen Situationen an Erfolgserlebnisse aus früheren Wettkämpfen zurück, oder hören Musik, die sie mit diesen Highlights verbinden. Dadurch können sie sich ihr großes Ziel erneut vor Augen führen.

2) Bewerbe in Teilbereiche unterteilen: Bei der Tour de France müssen Radprofis drei Wochen lang täglich hunderte Kilometer abspulen. Um diese extremen Distanzen zu bewältigen, unterteilen sie jede Tagesetappe mental in kleinere Teilbereiche.

Sie tasten sich dabei von Stadt zu Stadt oder Berganstieg zu Berganstieg. Somit wird eine 300 Kilometer lange Etappe zB drei Mal 100 Kilometer lang, eine Distanz, die im Training zig Mal bereits bewältigt wurde.

3) Nach jedem Teilbereich Belohnungen einbauen: Zusätzlich ist es hilfreich, sich nach jedem geschafften Teilbereich für seine Leistung eine kleine Belohnung, zB einen Energieriegel, zu gönnen.

4) Standardisierte Abläufe vor dem Start: Um ihre beste Leistung abzurufen, müssen Sportler in Wettkämpfen von der ersten Sekunde an hochkonzentriert wegstarten. Von den zahlreichen externen Faktoren wie dem Wetter, den Bodenverhältnissen oder den jubelnden Fans auf der Tribüne dürfen sie sich nicht ablenken lassen.

Viele Sportler haben dafür eine standardisierte Vorbereitungsroutine ausgearbeitet, an die sie sich minutiös halten. Oftmals beginnt der Wettkampf für sie bereits über eine Stunde vor dem Start: jedes Mal dieselben Aufwärmübungen, dieselbe Musik in den Kopfhörern oder immer genau 5 Minuten vor dem Start den letzten Schluck aus der Trinkflasche.

Dadurch können sie externe Ablenkungen ausblenden und sich mental in Wettkampfstimmung bringen.

5) Entscheidende Situationen vorher mental durchspielen: In Wettkämpfen können an vielen Stellen ungewünschte Situationen auftreten. Mental starke Athleten spielen diese Situationen bereits präventiv im Training in ihrem Kopf durch: wie reagiere ich, wenn es plötzlich in Strömen zu regnen beginnt, ich im Tennis den ersten Satz verliere oder mein Gegner beim Radrennen an der Schlüsselstelle zu einem Angriff ansetzt?

Sollte dies dann im Wettkampf tatsächlich passieren, können sie in der Situation auf ihre Erfahrungen aus dem Training zurückgreifen.

6) Bei Konzentrationsschwankungen auf einstudierte Abläufe setzen: Manche Wettkämpfe dauern mehrere Stunden. Es darf daher nicht erwartet werden, das Konzentrationslevel über die gesamte Wettkampfdauer hoch halten zu können.

Profisportler sind Meister darin, sich in den richtigen Momenten zu erholen und dann schnellmöglich wieder in einen Zustand der höchsten Konzentration zu kommen. Tennisprofi Rafael Nadal hat sich dafür eine Routine aus festgelegten Handbewegungen angewöhnt, um den Stress vor jedem Aufschlag auszublenden und seinen Fokus wieder voll und ganz auf die vor ihm liegenden Aufgabe zu richten.

7) Keine Angst vor der Niederlage: Nadal hat auch einmal gesagt, dass nicht das Verlieren sein größter Feind sei, sondern die Angst vor dem Verlieren.

Zu große Nervosität lähmt Sportler und sorgt häufig für unterdurchschnittliche Leistungen am Wettkampftag. Topsportler kennen zwar auch das Angstgefühl, aber geben dieser Angst keinen Raum in ihren Gedanken, indem sie sich mit kühlem Kopf auf die Aufgabe fokussieren, die vor ihnen liegt.

8) Danach wird alles gut: Der Weltrekordhalter und achtfache Olympiasieger Usain Bolt hatte eine besondere Methode entwickelt, um sich dem Druck vor dem Start zu entziehen.

Um nicht zu nervös zu werden, stellte er sich vor, wie er nach dem Rennen wieder entspannt zu Hause Computer spielen konnte. Die Vorfreude auf diese angenehme Situation wirkte äußerst beruhigend auf ihn, die Anspannung vor dem Start ging auf ein akzeptables Level zurück.

Der Investor und Hobbytriathlet Chris Sacca verwendet eine ähnliche Methode: egal, wie anstrengend ein Wettkampf gerade ist, erinnert er sich daran, dass er am Abend wieder in einem gemütlichen Bett liegen wird.

Mann zielt mit Pfeil und Bogen auf eine Zielscheibe