Wie die Natur die Technik inspiriert

Die Natur hat sich über tausende von Jahren in schwierigsten Überlebensverhältnissen beweisen müssen. Tiere und Pflanzen haben dafür erstaunliche Eigenschaften entwickelt, um diese Herausforderungen effizient zu bewältigen.

Das Gebiet der "Bionik" (ein Kunstwort aus Biologie und Technik) untersucht diese Erkenntnisse aus der Natur, um daraus verbesserte technische Lösungen zu entwickeln.

Die Bionik ist kein neues Phänomen, bereits in der Antike ahmten römische Militärformationen die Form des Schildkrötenpanzers nach.

Auch Leonardo da Vinci hat im Jahr 1505 das Flugverhalten von Vögeln und Fledermäusen untersucht und mit seinen Erkenntnissen darüber Flugmaschinen entworfen.

Eine der bekanntesten Anwendungen der Bionik im Alltag ist der Klettverschluss. Der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral musste nach Spaziergängen ständig die Früchte der Klette aus dem Fell seines Hundes entfernen.

Als er die Kletten unter sein Mikroskop legte, sah er die winzigen elastischen Widerhäkchen, die selbst dann nicht abbrachen, wenn sie gewaltsam entfernt wurden. Daraus entwickelte er 1951 den Klettverschluss für Textilien und nannte seine Erfindung "Velcro", französisch für velours ("Samt") und crochet ("Haken").

Auch in der Nachhaltigkeit spielt die Bionik eine wichtige Rolle. Hitzewellen und Dürreperioden treten immer häufiger auf. Für Lösungen zu dieser Problematik blicken Forscher auf Kakteen, die mit feinen, spinnenwebenähnlichen Netzen Wasser aus der Luft sammeln können.

Auf den Kanarischen Inseln wurden nach diesem Vorbild Auffangnetze entworfen, die über Nacht Wassertropfen aus dem Nebel gewinnen und in einer Rinne einsammeln.

Auch bei Bienen und Wespen holen sich Forscher Inspiration: in der Schweiz wurde eine Drohne entwickelt, die aufgrund ihrer neuartigen Konstruktion auch heftigere Zusammenstöße überleben kann.

Fluginsekten stoßen oft gegen Pflanzen oder Wände, was ihnen meistens aber nicht viel ausmacht. Ihre Flügel sind dank einer speziellen Konstruktion hart genug, um gut fliegen zu können, aber auch flexibel genug, um einen Aufprall abzufedern.

Die neue Drohne ist aus einem robusten Rahmen konstruiert, der in der Luft steif bleibt, aber bei einer Kollision nachgibt.

Falls dich dieses Thema interessiert, gibt es im Technischen Museum in Wien noch bis August 2023 eine Ausstellung über Bionik mit Beispielen aus Architektur, Technik, Medizin oder Weltraumforschung. 

bienen auf einer bienenwabe

Wie sich die Technik von Bienenwaben inspirieren lässt

Bienen sind innovative Architektinnen, die für ihre Bienenwaben aus möglichst wenig Material (Bienenwachs) die stabilsten Hüllen zum Speichern ihres Honigs bauen.

Um mit dem geringsten Materialaufwand den meisten Flächeninhalt zu bekommen, legen Bienen ihre frischgebauten Waben noch rund an. Sie benutzen dafür ihren Körper als Schablone.

Doch kreisrunde Waben haben einen Nachteil: zwischen den Waben entstehen Lücken, die von den Bienen später nicht mit Honig gefüllt werden können.

Aus diesem Grund schlüpfen Bienen in die neugebauten Zellen und wärmen die Wände auf über 40 Grad, wodurch das Wachs in die Lücken ausgedehnt wird. Die rundgebauten Wabenzellen werden dadurch zu einem Verbund an Sechsecken, der platzsparend und stabil zugleich ist.

Sechsecke erzielen mit einem geringen Materialaufwand das größtmögliche Volumen und produzieren keine Zwischenräume. Sie sind daher sehr leicht, halten aber gleichzeitig hohe Belastungen aus, indem sie die von außen einwirkenden Kräfte auf die vielen Wände der Waben verteilen.

In der Technik kommen Wabenstrukturen immer dann zum Einsatz, wenn eine leichte Bauweise und hohe Stabilität gefordert ist. Zusätzlich haben Waben hervorragende Wärme- und Schalldämmeigenschaften.

Ein bekanntes Beispiel sind die sog. Sandwichplatten, die als stabile Zwischenlage in der Verpackungsindustrie verwendet werden. Auch auf Flugzeugtriebwerken oder in der Raumfahrttechnik lässt man sich von den sechseckigen Bienenwaben inspirieren.