Wenn Winterbienen plötzlich ihren Job wechseln

Das Leben in einem Bienenvolk im Winter kann man nicht mit dem Sommer vergleichen.

Im Sommer herrscht hektisches Treiben, jede Honigbiene hat eine eigene Aufgabe: Futterquellen ausspähen, Nektar und Pollen einsammeln, Waben bauen, die Brut aufziehen oder den Bienenstock bewachen.

Diese vielfältigen Aufgaben und die sommerliche Hektik sind anstrengend für die Honigbienen. Daher werden die Sommerbienen auch nur rund fünf bis sechs Wochen alt.

Im Winter hingegen läuft es vergleichsweise ruhiger ab. Es wird kein Winterschlaf gehalten und die Bienen haben nur eine einzige Aufgabe: sicherstellen, dass die Königin die kalte Jahreszeit übersteht.

Diese Aufgabe wird von den sogenannten "Winterbienen" übernommen. Die sind ganz normale Honigbienen, aber da sie im Winter einen weitaus ruhigeren Job haben, leben sie im Regelfall viel länger: nämlich bis zu 8 Monate lang.

Wenn die Temperaturen im Bienenstock unter 10 Grad sinken, bilden die Winterbienen die sogenannte "Wintertraube" um die Königin. Dabei kuscheln sie sich eng zusammen, sodass die Königin im Zentrum gut erwärmt bleibt und ungestört weiter Eier legen kann.

Um die Temperatur im Bienenstock zu steigern, beginnen die Winterbienen in der Wintertraube mit ihrer Flugmuskulatur zu zittern. Dabei wird es im Zentrum der Traube neben der Königin rasch wieder angenehm warm. Honigbienen können somit im Bienenstock auch bei Außentemperaturen unter null überleben, ohne zu erfrieren.

Doch wenn die Temperaturen im Frühjahr wieder steigen, beginnt das neue Bienenjahr. Es braucht daher eine ganz neue Aufgabenverteilung im Bienenstock. Das Volk muss schleunigst wieder aufgebaut werden und zu alter Stärke zurückfinden.

Das bedeutet für die Winterbienen, dass sie während der kühleren Nächte in der Übergangszeit einerseits den Bienenstock weiter warmhalten – aber gleichzeitig auch die typischen Aufgaben einer Sommerbiene übernehmen müssen:

Die Königin nimmt ihre Bruttätigkeiten wieder mit Volldampf auf und diese Brut müssen die Winterbienen warmhalten und füttern. Dafür wurden vor dem Winter Pollenvorräte in den Waben eingelagert, mit denen sie im Frühjahr die Brut aufziehen.

Wenn dann die ersten Pflanzen blühen, fliegen die Winterbienen auch die ersten Pollenvorräte wieder herein. In dieser arbeitsintensiven Zeit geht jedoch der Großteil der Futtervorräte rasant zu Ende, denn die ersten paar blühenden Pflanzen bieten noch nicht genug Futter an.

Durch ihre ganzen neuen Zusatzaufgaben ist das Leben einer Winterbiene im Frühjahr plötzlich gar nicht mehr so ruhig. Ihre Lebenserwartung sinkt dadurch rasch und die Winterbienen sterben allmählich.

Bis aber genug junge Bienen schlüpfen, dauert es. Das Zahl der Bienen in einem Volk sinkt daher im Frühjahr meist.

Der Start des Frühlings ist für ein Bienenvolk eine äußerst kritische Zeit. Die Völker sind in dieser Zeit sehr sensibel. Für die Imker bedeutet das, dass sie ihre Völker genau beobachten müssen, insbesondere dass genug Futter bereitsteht.

Gerade bei milden Wintern gilt es besonders aufzupassen: in diesem Fall haben die Bienen über den Winter mehr gebrütet und deshalb mehr Futter verbraucht.