Wenn Lichtverschmutzung Insekten bei der Arbeit stört
Unter Tags herrscht in einem Bienenstock reges Treiben: Nektar und Pollen werden eingesammelt und zurück zum Volk gebracht, Blüten werden bestäubt und die junge Brut muss gefüttert werden.
Doch es gibt auch andere wichtige Insekten, die in der Nacht unterwegs sind und ihre Bestäubungsarbeit erledigen, wenn es dunkel ist. Dazu gehören zum Beispiel viele Schmetterlingsarten, die unter dem Begriff "Nachtfalter" zusammengefasst werden.
Doch diese nachtaktiven Bestäuber haben ein offensichtliches Problem: sie werden durch künstliche Lichtquellen wie Straßenlaternen, Schaufensterbeleuchtungen oder Haus- und Gartenlichter irritiert.
Denn normalerweise orientieren sie sich auf ihren Flügen am Mond. Eine hell erleuchtete Straßenlaterne zB wirft einen Nachtfalter aber "aus der Bahn" und zieht ihn wie magisch an. Er umkreist die Lichtquelle dann bis zur Erschöpfung, fällt auf den Boden, wo ihn seine hungrigen Fressfeinde bereits sehnsüchtig erwarten. Studien haben auch gezeigt, dass sich Nachtfalter in der Nähe von Lichtquellen weniger fortpflanzen und weniger vielfältige Pollen einsammeln.
Laut dem deutschen Naturschutzbund nimmt die Nachthelligkeit weltweit jährlich um zwei bis sechs Prozent pro Jahr zu. Solche Störungen der natürlichen nächtlichen Dunkelheit durch künstliche Lichtquellen werden als "Lichtverschmutzung" bezeichnet.
Lichtverschmutzung hat also auf die Bestäubungsleistung von nachtaktiven Insekten großen Einfluss. Eine Schweizer Studie hat die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Bestäubung genau untersucht:
Wenn Laternen in der Nähe von Wiesen aufgestellt sind, nimmt die Bestäubungsleistung in der Nacht um bis zu 62% ab. Doch nicht nur das: diese Pflanzen brachten auch weniger Früchte hervor. Denn wir erinnern uns: Bestäubung von Pflanzen ist nicht nur für ihre Fortpflanzung überlebensnotwendig – die Bestäubung durch Insekten wie Schmetterlingen und Bienen ist dafür verantwortlich, dass Obst und Gemüse besser wachsen und höhere Erträge abwerfen.
Die Schweizer Forscher schauten sich in der Studie ganz besonders an, was in diesem Fall mit Kohldisteln passiert. Denn Kohldisteln werden üblicherweise von tag- und von nachtaktiven Bestäubern angeflogen, denn ihre Blüten bieten reichliche Pollen- und Nektarquellen für zahlreiche Insektenarten.
Auf den Feldern, die nachts mit Laternen hell ausgeleuchtet wurden, gab es 13% weniger Blüten. Das bedeutet, dass die tagaktiven Bestäuber die geringere Bestäubungsleistung ihrer nachtaktiven Kollegen auch nicht ausgleichen konnten.
Doch Lichtverschmutzung hat auch auf tagaktive Insekten große Auswirkungen. Es könnte dadurch nämlich ein negativer Kreislauf entstehen: durch Lichtverschmutzung gibt es weniger Bestäubung durch nachtaktive Bestäuber und desto weniger Blüten tragen die Pflanzen. Und je weniger Blüten, umso weniger tagaktive Bestäuber wie zB Bienen können dort ausreichend Nahrung finden – was sich negativ auf die Bienenpopulationen auswirken könnte.